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In den letzten Jahren hat sich im deutschen Sprachraum das Trendwort “Helicoptereltern” etabliert, das eine ganz besondere Spezies von Vätern und Müttern bezeichnet. Nicht selten müssen sich Helikopter Eltern Sprüche anhören. Begriffe wie “Übermutter”, “Übervater” und “Übereltern” sind noch das Harmloseste. Doch noch besser sind die Sprüche, mit denen die Übereltern immer wieder für Kopfschütteln bei tiefenentspannten Mamas und Papas sorgen, die mit einer Portion Laissez-faire ihre Kinder erziehen. “Emil, geh aus der Sonne, die ist gefährlich!” und “Lea Cecil, lass mich bitte deinen Schulranzen tragen, sonst hast du später einen kaputten Rücken!” – das sind zwei Beispiele, die durchaus typisch für Helicoptereltern sind.

Was sind Helikopter Eltern?

Als Helikopter Eltern bezeichnet man Mamas und Papas, die genau dasselbe wollen, wie die meisten anderen Eltern auch: dem eigenen Kind ein sicheres, glückliches und gesundes Leben ermöglichen. Es gibt jedoch einen gravierenden Unterschieden: Die Überbesorgnis! Helicoptereltern kreisen wie ein Hubschrauber über ihren Kindern. Ständig. Rund um die Uhr. Sie glauben, nur mit totaler Kontrolle und erzieherischem Perfektionismus ihren Elternaufgaben gerecht werden zu können. Der ganze Alltag wird einzig und allein auf das Wohlergehen des Kindes ausgerichtet. Für Hubschrauber-Mamas und Hubschauber-Papas ist das keine Pflicht – sondern die Kür!

Aufopferungsvoll steigt die Helicopter-Mutter mehrmals täglich ins Mama-Taxi ein, um die Kinder in die Schule, zu Nachbarn und zum Musikunterricht zu fahren. Immer mit dem Gedanken auf der Beifahrerseite:

“Meinem Kind könnte ja was passieren!”

Am frühen Abend sorgt der Hubschrauber-Vater auf dem Spielplatz für maximales Kids-Entertainment. Damit es dem 5-jährigen Maximilian und der 4-jährigen Louisa-Sophie auf keinen Fall langweilig wird. Wer käme auch schon auf die Idee, dass der Besuch auf dem Spielplatz nichts mit dem Berufsbild des Entertainers zu tun hat!?

  • Begegnung mit Gleichaltrigen.
  • Soziale Kontakte knüpfen.
  • Interaktion mit anderen Kindern.
  • Gemeinsames Spielen ohne Regulierung von Erwachsenen.
  • Auch mal die frustrierende Erfahrung machen, wenn ein anderes Kind das Sandförmchen klaut.
  • Lernen, sich selbst durchzusetzen und das eigene Spielzeug zurückholen.

Was ist daraus geworden, aus all diesen Erlebnissen, die das Sozialverhalten von Kindern formen, Kreativität fördern und den gesunden Umgang mit Frustration und Durchsetzungsvermögen lehren? Welche Folgen hat das übervorsorgliche Verhalten von Helicoptereltern und wie geht es den betroffenen Kindern eigentlich damit?

Kinderleben unter dem Propeller von Hubschraubereltern

Um eines vorweg zu sagen: Ja, es gibt Gefahren, vor denen wir Eltern unsere Kinder schützen wollen und schützen müssen. Die Gewalt auf der Straße, aber auch die Gewalt unter Kindern nimmt zu. Mobbing unter Schülern ist keine Ausnahme mehr, sondern beinahe schon die Regel. Und leider passieren auch heute noch Verkehrsunfälle, die mitunter dramatisch ausgehen können. Ein gewisses Verständnis für die Ängste der Eltern ist sicherlich kein Fehler.

Aber darum geht es bei Helicoptereltern meistens nicht. Der Grad zwischen nachvollziehbarer Angst um das Wohlergehen des eigenen Kindes und Overprotection durch Hubschraubereltern ist ein schmaler. Denn vielfach greifen überbesorgte Eltern nicht nur tatsächlichen und ernsthaft bedrohlichen Gefahren vorweg, sondern packen ihr Kind in allen Lebensbereichen in Watte.

Die Überbehütung steht deshalb durchaus im Gegensatz zur “normalen” kindlichen Entwicklung, die sich seit unzähligen Generationen bewährt und für das Überleben der Spezies Mensch gesorgt hat. Dazu gehört eben auch, dass Kinder eigene Erfahrungen machen, Enttäuschungen erleben und Niederlagen einstecken müssen. Denn all das passiert nicht nur während der Kindheit auf dem Spielplatz. Negative Erlebnisse und Emotionen sind Begleiter auf dem gesamten Lebensweg.

Außerdem gehören zur Entwicklung des Kindes positive Erfahrungen, die es macht, wenn es sich ausprobieren darf. Fällt die Sandburg noch so oft in sich zusammen, wird Durchhalten und Zuversicht oft belohnt. Beim zehnten Versuch hat das Kleinkind auf einmal den Dreh raus, wie man eine stabile Sandburg baut – was für ein großartiges Gefühl. Und wie toll fühlt es sich wohl an, wenn Mama oder Papa dem Kind signalisiert:

“Ich glaube an dich und du schaffst das!”

Übereltern ebnen ihren Kindern holprige Wege und nehmen ihnen damit die Chance, an den Herausforderungen und an sich selbst zu wachsen, eigene Erfahrungen zu machen und zu lernen, welche möglichen Wege sonst noch offen stehen. Wie soll daraus ein gesundes Selbstbewusstsein erwachsen können? Und wie sollen diese Kinder jemals lernen, sich selbst zu regulieren und sich im späteren Erwachsenenleben anzupassen, wenn Mutter und Vater eben nicht mehr alles regeln können? Wenn spätestens beim Eintritt in das Berufsleben der Einfluss der Eltern rapide abnimmt?

Helicoptereltern – die Auswirkungen auf die Kinder

Viel zu selten beschäftigen sich Eltern mit der Frage, welche Auswirkungen die Überbehütung des eigenen Kindes auf das Kind selbst hat. Renommierte Kinderpsychologen und Psychiater wie Michael Winterhoff und Jesper Juul führen das Helicopter-Dasein auf ein kompensierendes und tendenziell narzistisch geprägtes Bedürfnis der überengagierten Eltern zurück. Oft ginge es – bewusst oder unterbewusst – darum, eigene Vorstellungen und Wünsche in den Vordergrund zu stellen. Die Bedürfnisse, die Fähigkeiten und die Selbstständigkeit der Kinder spielten für die Übereltern eher eine untergeordnete Rolle. So lässt sich beispielsweise die Einschätzung des Familientherapeuten Jesper Juul zusammenfassen.

Herangezogen werden verwöhnte und unselbständige Kinder, denen in der überbehüteten Kindheit wichtige Entwicklungsschritte vorbehalten bleiben. Sicher gibt es auch einige Vorteile in einer solch wohlbehüteten Kindheit. Sie verläuft aus dem Blickwinkel von Eltern und Kindern schön und häufig entsteht daraus eine sehr enge Eltern-Kind-Bindung.

Aber wie nachhaltig ist die Denkweise von Helikoptereltern? Was ist, wenn ein Elternteil stirbt oder gar beide Eltern sterben und das nun erwachsene Kind auf sich alleine gestellt ist? Wie können sich die jungen Erwachsenen in der Arbeitswelt behaupten und Beziehungskrisen meistern, wenn sie nie Gelegenheit hatten, eigenständig Konflikte auszutragen, unangenehme Gefühle auszuhalten und Lösungswege zu entwickeln, die Auswege aus Krisen schaffen?

Helicoptereltern – kommt mal wieder runter!

Es gibt mehrere Erklärungsansätze, warum Eltern zu Helikoptereltern werden. Einerseits verorten Erziehungswissenschaftler und Soziologen Gründe dafür in unzähligen Erziehungsratgebern, die Müttern und Vätern auferlegen, was es heißt, als Mutter und Vater perfekt zu sein. Andererseits liegt auch die Vermutung nahe, dass wegen der sinkenden Geburtenrate immer mehr Elternpaare nur noch ein Kind bekommen, sich bei der Erziehung voll und ganz auf das Einzelkind fokussieren und alles perfekt machen wollen.

https://www.stern.de/familie/kinder/helikoptereltern—viele-laestern–aber-das-konzept-funktioniert-8581070.html

Glaubt man diesem Stern Artikel, geht das Erziehungskonzept von Helicoptereltern auf. Kinder, die unter den Fittichen von Übereltern aufwachsen, werden in ihrem späteren Leben eher den größeren beruflichen Erfolg einfahren, als jene Kinder, die unter “normalen” Lebensverhältnissen aufwachsen. Allerdings schlagen Kindertherapeuten, Psychologen und Psychiater Alarm: Bei all dem Drill auf Perfektion bleiben die sozialen Kompetenzen der Kinder von Helicoptereltern auf der Strecke. Also, liebe Hubschraubereltern, kommt mal wieder runter und lasst Eure Kinder Erfahrungen sammeln – in denen Bereichen, wo dies gefahrlos möglich ist.

Helicoptereltern - wie geht es Hubschrauber-Kindern?

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